"Besser als ihr Ruf"

Die junge Oma
(Bild: Brigitte Weiß)

01. November 2019

Am Dienstag nahm sich die Staatsekretärin im Justiz und Verbraucherministerium, MdB Rita Hagl-Kehl wieder die Zeit einer Einladung der Plattlinger Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) zu folgen um deren Mitgliedern die aktuellen Themen der Bundespolitik zu erläutern. Die Unzufriedenheit mit "denen da oben" hält die Staatsekretärin für nicht fair und geht deshalb an die Basis um aus erster Hand zu informieren.

Neben zahlreichen Zuhörerinnen und Zuhörern konnte die AsF-Vorsitzende Ulrike Sommer-Boot den Bürgermeisterkandidaten Stephan Bieber mit Gattin Susanne, den Stadt- und Kreisrat Georg Weiß mit Gattin Brigitte, den Kreis- und Stadtrat Herbert Petrilak-Weissfeld mit Gattin Anna, sowie die ehemalige Gemeinderätin Inge Slowik von der SPD Stephansposching begrüßen im fast vollständig besetzten Nebenraum des Restaurants Alexander.

Shell-Studie: Die SPD leistet in der GroKo die meiste Arbeit
„Die Groko ist weit erfolgreicher als es die Öffentlichkeit wahrnimmt. Nach nur eineinhalb Jahren sind aus den im Koalitionsvertrag vereinbarten Gesetzesvorhaben bereits 60% umgesetzt“, zitierte die Staatssekretärin aus der aktuellen Shell-Studie zum Thema. Und auch, wenn nicht alles auf Anhieb gelingt, habe die gern gescholtene SPD daran einen Anteil von 45%. Doch leider kämen die Einzelheiten dieser Leistungen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu wenig an. „Dabei wäre es doch so einfach die aktuelle eigene Lohn- oder Gehaltsabrechnung oder den Rentenbescheid oder den aktuellen BaföG-Bescheid mit dem alten zu vergleichen um zu sehen, dass durch die neue Gesetzgebung bei fast allen Menschen mehr Geld ankommt“. Die SPD habe es gegen die Vorstellungen des Gesundheitsministers Jens Spahn durchgesetzt, dass alle Mütter einen halben Rentenpunkt gut geschrieben bekommen, statt nur den Müttern mit drei und mehr Kindern einen ganzen Punkt gut zu schreiben. Für Geringverdiener denen Steuererleichterungen nichts oder kaum etwas nützen, weil sie keine oder nur ganz wenig Steuern zahlen, wurden die Sozialbeiträge vermindert, ohne dass Leistungen der Krankenkasse oder die Rente entsprechend gekürzt wird. Eltern erhalten einen Zuschuss von 100€ für jedes Kindergartenkind, doch da dieser Zuschuss über die Landesregierungen an die Kommunen überwiesen wird, wissen die Eltern nicht, dass die Bundesregierung über das "Gute-Kita-Gesetz" der Geber ist. Die SPD habe zudem durchgesetzt, dass die Arbeitgeber wieder die Hälfte der Krankenkassenbeiträge zahlen, auch das sorge für mehr Geld in der Tasche bei denen die jeden Euro brauchen. Weiter verwies die Staatsekretärin darauf, dass die Absenkung der Altersrente gestoppt und für Bezieher von Renten wegen Erwerbsminderung die Basis zur Berechnung der fiktiv möglichen Altersrente um zwei Jahre erhöht wurde.

Die Grundrente ist kein Almosen
Wer die Grundrente mit einer Bedürftigkeitsprüfung versehen will, der hat nach Ansicht von Hagl-Kehl keinen Respekt vor den Menschen, die entweder 35 Jahre voll beitragspflichtig waren, oder über einen Teil dieser Jahre Kinder aufzogen oder Familienmitglieder pflegten. „Die Grundrente oberhalb der Grundsicherung ist kein Almosen sondern verdient. Doch auch wenn die oft zitierte Zahnarztfrau diese bekäme, wäre die Bedürfnisprüfung keine Aufgabe der Rentenversicherung und ohnehin überflüssig, denn das Finanzamt regelt das über die Einkommenssteuer“, klärte die Staatsekretärin auf. Nach dem erfolgreichen gesetzlichen Mindestlohn der bereits ab 2015 mehrere Hunderttausend Arbeitnehmer aus prekären Einkommenssituationen geholt hat, wurde zudem vor wenigen Tagen die Mindestvergütung von Auszubildenden per Gesetz auf 575€ festgesetzt. „Das Handwerk kann nicht immer nur darüber klagen, dass zu viele Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben, sie müssen auch attraktive Angebote machen. Das Gesetz hilft nun dabei“, freut sich die Staatssekretärin. Und auch mit dem Unterschlagen von Sozialabgaben in der Paketzustellerbranche sei nun Schluss: "Das neue Gesetz zum Schutz der Paketboten verpflichtet die Zustellerfirmen sicherzustellen, dass ihre Subunternehmer die Sozialabgaben abführen. Wenn der Subunternehmer keine Beiträge abführt und diese auch nicht eingetrieben werden können, muss künftig der Hauptunternehmer dafür einstehen“ erläuterte Hagl-Kehl. Das Thema der finanziellen Erleichterungen und verstärkten Kontrolle abschließend kam sie auf den Soli zu sprechen, um dessen völlige Abschaffung in der GroKo hart gerungen wurde. Dieser entfällt ab 2021 zwar für 95% der Einkommensbezieher entfallen wird, aber eben nicht für alle. Hagl-Kehl: „Die oberen 5% mit einem Einkommen ab 100.000€ müssen ihn weiterhin zahlen - dazu gehören übrigens auch die Abgeordneten. Ganz ehrlich, ich zahle meine Steuern gerne, denn wenn ich keine zahlen müsste, dann hätte ich auch nicht dieses Einkommen“. In der Diskussion zu den Punkten hakte Georg Weiß nach, warum der Stopp für das Absenken der Altersrente nur bis 2025 gilt. Hagl-Kehl wies darauf hin, dass die SPD zwar anstrebe diese bis zum Jahr 2040 festzuschreiben, doch müsse jedem klar sein, dass jede weniger sozial orientierte Nachfolgeregierung dies mit einem neuen Gesetz schnell ändern könne.

Wenn Geschrei mehr zählt als Fakten
Herbert Petrilak-Weisfeld merkte an, dass es aufgrund der Unmengen an Informationen die auf die Menschen über die modernen Medien einstürmen es diesen oft gar nicht mehr möglich sei sich mit einem Thema ausreichend zu befassen: „Wenn nur noch die Hälfte der Haushalte eine Zeitung beziehen, und von den Artikeln im wesentlichen nur noch die Schlagzeilen wahrgenommen werden und in diesen überwiegend das Negative publiziert wird, dann muss man sich nicht wundern, dass die AfD mit ihren Lügen und Geschrei viele Menschen verunsichern kann“. Er erinnerte an die Kriegsverbrecherprozesse in Nürnberg bei denen Göbels bekannte, dass eine Lüge dann geglaubt wird, wenn sie immer und immer wieder wiederholt wird. Der Ausspruch von Alice Weidel, dass „die politische Korrektheit auf den Müllhaufen der Geschichte gehört“ sei zum Leitspruch der AfD geworden, mit deren Auftreten habe sich die Tonlage in der Politik deutlich verschärft. Rita Hagl-Kehl bestätigte in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Bundestages diesen Eindruck: „Es ist oft schwer erträglich nah an dieser Fraktion sitzen zu müssen. Die Öffentlichkeit bekommt es ja nicht mit, wie unmöglich sich Abgeordnete der AfD im Plenum häufig benehmen, wenn sie mal da sind. Sitzungstage dauern von neun Uhr morgens bis drei Uhr nachts, ab acht Uhr abends hält sich von denen nur noch eine Handvoll im Plenarsaal auf“. Die Staatsekretärin räumte anschließend einen falschen Eindruck auf, den weitgehende leere Stühle bei Debatten im Parlament bei Fernsehzuschauern vermitteln: "An Sitzungstagen finden gleichzeitig stets mehrere Ausschusssitzungen und Besprechungen in Ministerien statt, die dazu von ihren Fraktionen abgestellten Abgeordneten fehlen dann natürlich in den Sitzungen. Voll wird der Plenarsaal nur, wenn Abstimmungen zu Themen gleichermaßen wichtig und strittig sind".

Bericht aus Berlin
Blumen für die Referentin (v.L.): Stephan Bieber, MdB u. Stskt. Rita Hagl-Kehl, Herbert Petrilak-Weissfeld, Ulrike Sommer-Boot, Georg Weiß

Dank an die Referentin und Gratulation an die frischgebackene Oma
Ulrike Sommer-Boot bedankte sich namens der ASF Plattling sehr herzlich für den aktuellen Bericht aus Berlin aus erster Hand und überreichte der vor kurzem Oma gewordenen Staatsekretärin ein Geschenk für das erste Enkelkind, das ihrerseits mit Überraschung und großer Freude entgegengenommen wurde.

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