Haushalt 2022 - Die besten Zeiten sind vorbei

NB (Plattlinger Anzeiger)

19. Mai 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates, hoch geschätzte Damen und Herren der Verwaltung und der Stadtwerke,

Wie im letzten Jahr versuche ich auch heuer die Stellungnahme der SPD-Fraktion in gebotener Kürze abzufassen und auf das Wesentliche der Haushaltsatzung 2022 und dem Wirtschaftsplan der Stadtwerke zu konzentrieren.

Der neue Haushalt der Stadt kommt ungewöhnlich spät zur Verabschiedung, die Gründe hierfür sind den Fraktionen wohlbekannt, sie liegen im für die Stadtspitze und dem Stadtrat unvorhersehbaren, wiederholten Wechsel in der Leitung der Kämmerei begründet. Ich bin froh, dass in dieser Hinsicht Einigkeit in der Beurteilung der Lage und im Willen besteht, eine solche Verzögerung kein zweites Mal geschehen zu lassen.

Der vorliegende Haushalt der Stadt ist der nach Summe dritthöchste in der Geschichte, dennoch wird aus den Zahlen des umfangreichen Werkes wiederum deutlich, dass die besten Zeiten für die Einnahmen und damit die Stadtentwicklung dauerhaft vorbei sind.

Der Verwaltungshaushalt birgt im Detail keine Überraschungen oder Besonderheiten. Die Mehrung entspricht knapp der aktuellen Inflationsrate und bildet damit die erwartbaren Steigerungen aus Sachkosten und Tariferhöhungen ab.

Wie in den vergangenen Jahren durch meinen hoch verehrten Vorgänger Georg Weiß, in den Haushaltsitzungen erwähnt wurde, ist der wesentliche Grund für die geringer ausfallenden Einnahmen der Kommunen im Steuerrecht für international aufgestellte Unternehmen zu finden. Wenn die Besteuerung von Gewinnen weiterhin losgelöst bleibt vom Ort an dem die Gewinne generiert werden, wird sich an der Situation der Kommunen als schwächster Teil der staatlichen Ordnung nichts ändern.

Wegen dieser ungerechten Steuergestaltung verbleibt das Plattlinger im Pro-Kopf-Steueraufkommen im Landesvergleich weiterhin deutlich unterdurchschnittlich. Dies ist der Grund, warum in diesem Jahr wieder eine staatliche Schlüsselzuweisung von über 630.000€ zu verbuchen ist. Ohne diesen Zuschuss läge die heuer veranschlagte Verschuldung im Ergebnis nicht bei voraussichtlich 3,8 Millionen, sondern entsprechend höher. Das stagnierende Wachstum der Einwohnerzahl und damit der Einkommens-Steuerzahler ist ein weiterer Grund für die festzustellende Schwäche auf der Einnahmeseite, ich komme später noch näher darauf zu sprechen.

Der wesentliche Grund für die erreichte Position als drittgrößter Haushalt der Geschichte ist im Vermögenshaushalt zu finden, dem Haushalt in dem die Investitionen verbucht werden. Dort finden sich aus dem Jahr 2021 mehr als 12,6 Millionen Euro als Haushaltsausgabereste angestaute, zweckgebundene Investitionsmittel. Dieser Posten steht nicht zur freien Verfügung und bläht somit den aktuellen Haushalt lediglich optisch auf. Ein weiterer „Blähfaktor“ stellt das Prinzip der inneren Verrechnungen dar, also die fiskalische Buchung von Arbeitsleistungen die von einer Haushaltstelle für eine andere erbracht wurde. Dabei fließt kein Geld, es wird nur Transparenz dafür geschaffen, welche Einrichtung wie viele Arbeitskosten veranlasst.

Der vorgenannte Haushaltsposten „Haushaltsausgabereste“ ist diesjährig um gut acht Millionen Euro niedriger als im Haushalt 2021, bereinigt um nicht realisierte Projekte und doppelten Zahlen, wie der Geschäftsleiter Hofmeister dargestellt hat. Dennoch zeigt sich wieder, dass den Ambitionen der früheren Stadtspitze und der früheren Mehrheit im Stadtrat ein Flaschenhals an nicht ausreichender Personalstärke im städtischen Bauamt gegenüber stand. Mehr als ungefähr 8-9 Millionen Euro an jährlicher Bausumme können dort aus Gründen personeller Kapazitäten nicht umgesetzt werden. Das wissen wir seit vielen Jahren, dennoch gibt es keine Aktivitäten zur personellen Stärkung des Bauamtes, damit haushalterisch fest eingeplante Bauvorhaben zeitnah umgesetzt werden können, wie die SPD seit Jahren anmahnt. Statt dessen passt man in diesen Krisenjahren die Investitionsplanung erstmals den personellen Möglichkeiten an. Ein gewisser Erkenntnisgewinn ist damit erfreulicherweise sichtbar.

Eine sensible Haushaltstelle wird den Stadtrat in Bälde beschäftigen: Der Friedhof ist arg ins Minus geraten, aufgrund gesetzlicher Maßgabe ist hier ein dauerhaftes Defizit nicht erlaubt. Zu den in den Vorjahren bereits umgesetzten Maßnahmen zur Kosteneinsparung werden sich nicht leicht weitere finden lassen, so dass auf längere Sicht die Friedhofskultur weiter schwindet. Dafür sind jedoch nicht nur steigende Kosten verantwortlich, auch die über Jahrzehnte gewachsene Individualisierung, die zunehmende Unabhängigkeit von familiärer Unterstützung, das Fokussieren auf materielles Wohlergehen lässt auch die Bindung an die Verstorbenen schwinden. Hier eine zufriedenstellende Lösung zu finden ist schwer.

Im Vermögenshaushalt sind heuer insgesamt 14,4 Millionen Euro vorgesehen. Davon sind dieses Jahr 8,3 Millionen Euro für Bauprojekte eingeplant, dies ist, wie bereits gesagt, endlich ein an personelle Kapazitäten angepasster, realistischer Betrag. Der wäre aber mit Sicherheit weit höher ausgefallen, stellten sich die wirtschaftlichen und damit die steuerlichen Perspektiven günstiger dar. Doch immer noch kämpft die Wirtschaft mit den weltweiten Folgen der Corona-Pandemie für die globalen Lieferketten. Weitere rund 5,4 Millionen Euro des Vermögenshaushaltes sind zum Grunderwerb reserviert. Da die Stadt letztes und dieses Jahr bereits umfangreiche Grunderwerbe getätigt hat, ist es wohl nicht verkehrt anzunehmen, das für nächstes Jahr namhafte Kassenausgabereste in diesem Titel anfallen, weil auch die Erstellung von Bebauungsplänen zu den erworbenen Flächen die Leistungsfähigkeit unseres Bauamtes beansprucht. Nötigenfalls könnte aus diesem Titel Geld umgeschichtet werden, wenn ein aus Unwägbarkeiten der Kostenentwicklung ein Nachtragshaushalt nötig wird.

Dies Thema Grunderwerb führt mich zum Thema Wohnungsbau in Plattling. Wir erleben, wie zäh es vorangeht mit der tatsächlichen Bautätigkeit obwohl mehrere private Großprojekte im Wohnungsbau Baureife haben. Hinzu kommt, dass eine namhafte Firma die Zahl der Wohnungen auf dem dafür vorgesehenen Gelände deutlich reduziert hat. Hier steht zu vermuten, dass andere, hierzu scheinbar konkurrierende, Bauprojekte eine Rolle spielen. Die Reaktion der Firma ist jedoch eher schwer verständlich, weil die Marktsituation in Plattling von einem massiven Mangel an Wohnungen gekennzeichnet ist. Allerdings wir wissen auch, dass eine Mangelsituation immer zu hohen Preisen führt. Das könnte mithin ein Grund sein, dem Mangel insbesondere an kleinen Wohnungen nicht zu sehr abzuhelfen, was dann aber zu einer Stagnation des Bevölkerungswachstums führt, wie wir sie aktuell verzeichnen.

Laut der Statistik des bayrischen Landesamtes steht in Plattling für das Jahr 2019 enem festgestellten Anteil von 32% an Einpersonenhaushalten nur ein Anteil von 11,6% an Ein- und Zweizimmerwohnungen im Bestand gegenüber. Dieser große Unterschied stellt einerseits alte Wohnungs- und Eigenheimbesitzer die sich verkleinern wollen, sowie junge Arbeitnehmer die ihre erste Wohnung suchen vor enorme Geduldsproben. Hier könnte neben den privaten Investoren eine nicht auf Gewinnmaximierung verpflichtete kommunale Immobilien-GmbH einen Beitrag zur Entspannung der Marktlage schaffen, so wie es die kommunalen Bauträger der z.B. umliegenden Städte Deggendorf, Straubing und Osterhofen leisten. Nicht nur diese, auch viele kleinere Gemeinden erfüllen die Maßgabe der bayrischen Verfassung, wonach Staat und Kommunen für „billigen (d.h. angemessenen) Wohnraum“ sorgen müssen. Ich lade die Mitglieder des Stadtrates und der Stadtspitze dazu ein, vor dem beschriebenen statistischen und als Wohnungssuchende erlebbaren Hintergrund über das Thema „Kommunale Wohnungsbaugesellschaft“ neu nachzudenken.

In der Vergangenheit hatte sich die Stadtratsmehrheit einem Investitionsbereich zugewandt, der gesetzlich nicht dem Aufgabenbereich der Kommunen zugeordnet ist: Dem Bau einer Hochschuleinrichtung „Moderne Mobilität“ (Momo) entzieht den städtischen Finanzen bedeutendes Kapital. Ja ich weiß, man kann alles von unterschiedlichen Seiten sehen und beurteilen. Doch unbestreitbar ist, dass diese dem Text und Geist der bayrischen Gesetzgebung entgegenstehende Finanzierung der Stadt heuer zum ersten Mal seit 2005 einen Schuldenstand von 3,8 Millionen Euro im Haushalt einbringt. Diese Kreditaufnahme wäre vermeidbar gewesen, ist nun aber erforderlich um die Pflichtaufgabe der dringend nötigen Sanierung der Mittelschule finanzieren zu können.

In 2005, als der Haushalt ebenfalls 3,8 Millionen Euro Schulen auswies, standen andererseits 9,9 Millionen Euro auf der Habenseite. Im Haushalt 2022 sind es dagegen nunmehr nur 4,4 Millionen Euro an Guthaben, das im nächsten Jahr voraussichtlich auf 2,4 Millionen abschmilzt. Man kann nur hoffen, dass sich die politische und wirtschaftliche Großwetterlage nicht weiter verschärft, so dass die schmale Rücklage zur Bestreitung von Unwägbarkeiten ausreicht. Unwägbar waren bzw. sind z.B. die Preissteigerungen in den bereits laufenden sowie den noch nicht begonnenen Bauprojekten der Stadt.

Ausblick: Die maßgebende Federal Bank der USA hat kürzlich den Leitzins für die Banken deutlich erhöht um die Inflation zu bekämpfen. Die Europäische Zentralbank muss folgen um massive Kapitalabflüsse zu verhindern. Damit wird die gegenwärtig günstige Kreditkulisse für Kommunen sehr in Frage gestellt. Hierauf müssen sich die Kommunen einstellen.

Alle Fraktionen im Stadtrat sind nach Überzeugung der SPD nun gehalten, sich in den kommenden Jahren bei den Planungen enger an die gesetzlichen Aufgaben zu halten und weitest gehend auf Ausgaben zu verzichten, die nichts mit den Pflichtaufgaben einer Kommune zu tun haben. (Siehe BayVerf. Art. 12; Bayrische Kommunalordnung Art. 74 &75)

Das bedeutet nun konkret, auf weitere, zusätzliche Einrichtungen zur Freizeitgestaltung, also auf Dinge wie Kunsteisbahn und ähnliches zu verzichten, wenn es für Anschaffung und Betrieb keinen Sponsor aus der Wirtschaft gibt. Plattling verfügt mittlerweile über zahlreiche, bestens ausgestattete Freizeit-Einrichtungen die andere Kommunen nicht haben. In Zeiten wie diesen ist es jedoch nicht gerechtfertigt, darüber hinaus auch das zu haben, was andere vergleichbare Kommunen sich leisten.

Zurück zur vorliegenden Haushaltssatzung: Dank der Unterstützung des ehemaligen Kämmerers Harald Kappl ist der Kämmerei schlussendlich ein Haushalt gelungen, der den formalen und inhaltlichen Anforderungen entspricht. Insgesamt ist der Haushalt in Ausgaben und Einnahmen stimmig und der gegenwärtigen wirtschaftliche Lage angepasst, wenngleich die finanzielle Rücklage sich auf einem sehr unzufrieden stellenden Niveau befindet. Doch dies ist im Wesentlichen einer früheren Stadtpolitik geschuldet.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2022 zu.

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